(Bochum) Bei der Hauptversammlung wirbt Vorstandschef Heinrich Hiesinger für Zustimmung zur Stahlfusion. Derzeit geben die Mitarbeiter ihre Stimme ab. Thyssenkrupp-Chef Heinrich Hiesinger hat bei der Hauptversammlung in Bochum für die geplante Stahlfusion mit den indischen Konzern Tata geworben. „Die Mitarbeiter unserer Stahlstandorte stimmen derzeit über das Verhandlungsergebnis ab. Die Tarifkommission der IG Metall rät ihnen zu einer Zustimmung“, stellte Hiesinger heraus. Abgestimmt wird unter anderem an den Standorten in Duisburg, Bochum und Dortmund. Die Vereinbarung gilt nur dann, wenn mehr als 50 Prozent der abgegebenen Stimmen erreicht sind und alle 13 Thyssenkrupp-Standorte diese billigen. Das Wahlergebnis will die IG Metall am 5. Februar gegen 15 Uhr veröffentlichen. „Wir glauben an eine Zukunft des Stahls“, beteuerte Hiesinger. Thyssenkrupp bleibe gemeinsam mit Tata für sechs Jahre mit jeweils 50 Prozent am neuen Gemeinschaftsunternehmen beteiligt. Aber: „Bei einer positiven Entwicklung des Joint Ventures könnten wir auch vorher einen Börsengang einleiten.“ Damit ist es denkbar, dass der Thyssenkrupp-Anteil in absehbarer Zeit auf 25,1 Prozent schmilzt. Zusammen mit Tata will Thyssenkrupp den zweitgrößten europäischen Stahlhersteller mit 48.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz in Höhe von 15 Milliarden Euro formen. Der Tarifvertrag, über den die Beschäftigten nun abstimmen sollen, gebe den Beschäftigten Sicherheit, betonte Hiesinger. Der Vertrag sieht unter anderem einen Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen bis zum 30. September 2026 vor. Bis zu diesem Stichtag gilt grundsätzlich auch eine Standortsicherung. Die Schließung einzelner Anlagen ist aber trotzdem möglich. So sind die Zusagen für Duisburg-Hüttenheim, Bochum und Eichen im Siegerland eingeschränkt und gelten lediglich bis Ende 2021. Bis Ende 2020, so die Vereinbarung von Thyssenkrupp und IG Metall, sollen „Wirtschaftlichkeitsanalysen“ vorliegen. Dabei geht es unter anderem um die Warmbreitband-Produktion in Bochum mit fast 600 Beschäftigten und die Grobblech-Herstellung in Hüttenheim mit 900 Mitarbeitern. Insgesamt arbeiten im Bochumer Thyssenkrupp-Werk an der A40 rund 2100 Menschen, in Hüttenheim sind es 1300 Beschäftigte. Hiesinger sagte bei der Hauptversammlung in Bochum, der Konzern werde nach der Gründung des Stahl-Joint-Ventures mit Tata Steel „anders aussehen“. Der Konzern werde sich stärker auf Industriegeschäfte konzentrieren. „Wie genau wir das angehen, wird Teil unseres jährlichen Strategiedialogs von Vorstand und Aufsichtsrat im Mai sein“, kündigte Hiesinger an. Das Ziel sei klar: „Wir bauen einen starken Industriekonzern.“ Neben Stahl stellt Thyssenkrupp auch Aufzüge, Autoteile, Industrieanlagen und U-Boote her. Aktionärsvertreter forderten von Hiesinger mehr Tempo beim Umbau des Unternehmens. „Wenn die europäische Stahlfusion mit Tata gelingt, wäre dies nach dem Verkauf des verlustreichen US-Stahlgeschäfts ein weiterer Schritt in die richtige Richtung, den wir begrüßen“, sagte Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Union Investment. „Die Zukunft des Konzerns liegt im Technologiegeschäft und nirgendwo sonst.“ Doch die europäische Stahlfusion sei „mit massiven Zugeständnissen teuer erkauft“. Auch nach einer Stahlfusion sei Thyssenkrupp „ein Gemischtwarenladen, mit dem viele Investoren wenig anfangen können“.