Pullach im Isartal (GodmodeTrader.de) – Der globale Rohstoffsektor hat sich in den letzten zwölf Monaten insgesamt gut entwickelt. Innerhalb des Sektors überzeugten vor allem die Aktien von diversifizierten Minenkonzernen bzw. Metallproduzenten. Auch Energieaktien entwickelten sich im ersten Halbjahr 2018 besser, während die Kursentwicklung von Gold- und Edelmetallaktien enttäuschte, wie Stefan Breintner, stellvertretender Leiter Research & Portfoliomanagement sowie Erstanalyst für die Sektoren Rohstoffe, Chemie und Öl & Gas bei der DJE Kapital AG, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.
Die Aussichten für diversifizierte Minenkonzerne und Metallproduzenten blieben weiter gut. Die Vorstandsvorsitzenden der weltweit größten Rohstoffkonzerne wie z.B. Anglo American, BHP Billiton, Glencore oder Rio Tinto hätten sich zuletzt auf einer der führenden Branchenkonferenzen von Bank of America Merrill Lynch relativ zuversichtlich hinsichtlich der erwarteten Nachfrageentwicklung des global größten Rohstoffkonsumenten China gezeigt. Dies gelte auch für die Nachfrageentwicklung im Rest der Welt, heißt es weiter. „Titel der diesjährigen Metals, Mining & Steel Konferenz war: ‚Value over volume: Delivered. Pivot to growth?‘. Die Frage, ob der Sektor vor einer neuen, investitonsgetrieben Wachstumsphase steht, wurde von den meisten Unternehmensvertretern mit nein beantwortet. So gut wie kein Unternehmen plant einen neuen Investitionszyklus und damit ein Hochfahren bzw. Erschließen neuer Projekte. Die Pipeline hinsichtlich neuer Minenprojekte ist damit weitgehend leer. Demzufolge könnten die Preise für Eisenerz, Kohle und Buntmetalle länger als erwartet auf hohen Niveaus bleiben. Dies würde die Gewinn- und die freie Cash-Flow-Entwicklung der Produzenten begünstigen und sollte daher auch positiv auf die Aktienkurse abstrahlen“, so Breintner. Besonders interessant erschienen mittel- bis längerfristig die Perspektiven für Nickel. Bereits heute befinde sich der weltweite Nickelmarkt in einer sogenannten Defizitsituation. Das heiße, dass das jährliche Angebot aus laufender Produktion geringer als die Nachfrage sei. Aktuell gebe es keine großen neuen Nickelprojekte. Die Pipeline sei praktisch leer. In den kommenden Jahren könnte sich die Angebotssituation noch weiter verschärfen. Aktuell gingen konservative Marktschätzungen davon aus, dass das Angebotsdefizit bei Nickel von ca. 90.000 Tonnen im Jahr 2017 bis 2025 auf ca. 500.000 Tonnen ansteigen könnte. Grund sei das erwartet hohe Nachfragewachstum der Batterieindustrie, heißt es weiter. „Nickel wird heute noch überwiegend von der Edelstahlindustrie nachgefragt. Die Nachfrage der Batterieindustrie ist aktuell noch relativ gering, könnte sich aber bis 2025 mehr als vervierfachen. Weltweit führende Nickelproduzenten wie die russische Norilsk Nickel, der brasilianische Vale-Konzern oder Glencore mit Sitz in schweizerischem Zug rechnen damit, dass unter der Annahme, binnen der nächsten zehn Jahren entfallen ca. 30 Prozent am globalen PKW-Produktionsmix auf rein elektrisch betriebene Fahrzeuge, ca. 1,1 bis 1,4 Millionen Tonnen pro Jahr an zusätzlicher Nickelnachfrage hinzu kommen könnten. Da 1,1 Millionen Tonnen ca. 46 Prozent der gesamten 2017er Angebots-Kapazität von 2,4 Millionen Tonnen entsprechen, müsste eigentlich massiv in neue Projekte investiert werden, um diese erwartete Nachfrage zu decken. Vale prognostizierte auf der Metals, Mining & Steel Konferenz, dass mindestens 70 Milliarden US-Dollar zeitnah in neue Nickel-Projekte investiert werden müssten, um zukünftig nicht in ein massives Angebotsdefizit zu rutschen“, so Breintner. Wie bei Nickel gebe es auch bei Kupfer praktisch keine neuen großen Green-Field Projekte. Unter Greenfield verstehe man die Errichtung einer Mineninfrastruktur an einem komplett neu zu erschließenden Standort, das heißt man müsse auch Straßen, Unterkünfte fürs Personal, eine Strom- und Wasserversorgung, etc. errichten. Solche Projekte „auf der grünen Wiese“ seien teuer und zeitintensiv. Ein komplett neues Greenfield-Projekt dauere oftmals sieben bis zehn Jahre. Zur Erfüllung einer Produktionsquote von 30 Prozent Elektroautos am globalen Produktionsmix bis 2030 würden wie bereits erwähnt vor allem immense Mengen an Nickel, Kobalt und Kupfer benötigt. Es stelle sich die Frage, warum die Bergbaukonzerne angesichts solcher Perspektiven nicht anfingen mehr zu investieren, heißt es weiter. „Dies hat zwei Gründe: Erstens liegen die interessanten, nicht erschlossenen Ressourcen oftmals in geopolitisch riskanteren Ländern wie dem Kongo (Kobalt) oder Kasachstan (Kupfer). Zweitens scheuen die Konzerne die hohen Investitionen. In den letzten 15 Jahren hat der Sektor die Nachfrageentwicklung nach Metallen zu optimistisch eingeschätzt und zu viel investiert. 2003 bis 2015 lagen die gesamten Investitionen des Sektors bei mehr als einer Billion US-Dollar“, so Breintner. Als Folge dieses Investitionsbooms seien die Aktienkurse der Bergbaukonzerne vor allem im Zeitraum 2013 bis 2015 aufgrund einer fehlenden freien Cash-Flow-Generierung und zu hoher Schulden massiv unter Druck gekommen. Die Generierung freier Überschussliquidität stehe heute aber für viele Konzerne im Fokus. Deshalb werde seit 2016 signifikant weniger investiert. Die Fehler der Vergangenheit sollten sich nicht wiederholen. Als Folge dürfte das Angebot bei Nickel, Kupfer, Kobalt knapp bleiben bzw. bei 30 Prozent Elektroautoquote massiv ins Defizit rutschen. Die längerfristigen Gewinnaussichten der Bergbauindustrie könnten daher unterschätzt werden, heißt es weiter. „Rohstoffaktien schneiden am Ende eines Konjunkturzyklus oftmals am besten ab. Im Vergleich zur Vergangenheit ist der Sektor aktuell vor allem durch eine sehr hohe Investitionsdisziplin und durch eine sich mehr und mehr leerende Projektpipeline gekennzeichnet. Setzt sich die E-Mobilität durch, dürfte es bei einigen Metallen größere Angebotsdefizite geben. Aktien gut positionierter Bergbaukonzerne erscheinen daher weiter aussichtsreich“, so Breintner.