DüsseldorfGuido Kerkhoff war lange Zeit der zweite Mann bei Thyssen-Krupp. Als Finanzchef des Essener Industriekonzerns handelte er Käufe und Verkäufe aus, verwaltete Budgets und pflegte die Beziehungen zu den Geldgebern. Doch nach dem Rücktritt von Vorstandschef Heinrich Hiesinger vor einigen Wochen übernahm Kerkhoff auch die Gesamtleitung des Konzerns – und setzt als Interims-Vorstandschef nun erstmals eigene Akzente. Zwar erhielt der 50-Jährige nach Hiesingers Rückzug den Auftrag, die bisherige Strategie fortzusetzen. Doch die Zahlen für das dritte Quartal im Geschäftsjahr 2017/18, die das Unternehmen am Donnerstag vorlegte, zeigen: Bei Thyssen-Krupp gibt es erhebliches Potenzial für Verbesserungen. So sank der Quartalsgewinn nach Steuern von 124 Millionen Euro im Vorjahr auf einen Fehlbetrag von 240 Millionen Euro. Der Verlust geht vor allem auf das Konto der Industriegüter-Sparte, in der die Geschäftsbereiche Anlagenbau und Marine Systems zusammengefasst sind: Vor Steuern und Investitionen fiel ein Minus von rund 250 Millionen Euro an. Kerkhoff will die Probleme nun angehen. „Im Kernanlagenbau brauchen wir schnellstmöglich den Turnaround“, erklärte er am Donnerstag. Das Geschäft soll nun stärker auf kleine und mittlere Aufträge ausgerichtet werden, das margenstärkere Servicegeschäft eine größere Rolle spielen. Doch das ist längst nicht das einzige ambitionierte Projekt, das sich der Interimschef auf die To-do-Liste gesetzt hat: Erstmals legte Thyssen-Krupp bei der Präsentation der Ergebnisse auch konkrete Dreijahresziele fest. Das ist einerseits eine Folge der Auslagerung des Stahlgeschäfts, das jede Planung wegen der starken Konjunkturabhängigkeit bisher schwierig gemacht hatte. Doch Kerkhoff erklärte auch: „Wir sind überzeugt, dass in unserem Unternehmen eine Menge Potenzial steckt. Dieses wollen wir transparent machen.“ Die Maßgaben für die einzelnen Geschäftsbereiche orientieren sich vor allem am Mittelzufluss, der in diesem Jahr zwar vermutlich erneut negativ ausfallen wird, aber immerhin besser als im Vorjahr, als ein negativer Free Cashflow vor Verkäufen und Übernahmen von 855 Millionen Euro aufgelaufen war. Für das Geschäftsjahr 2020/21 gab Kerkhoff nun eine Steigerung auf mindestens eine Milliarde Euro als Ziel aus.